Ein Bericht aus der Siegener Zeitung vom 08. November 2016.
Eine Familie für das Bowling
Familie Bauer aus Burbach hat sich generationsübergreifend dem Bowling-Sport verschrieben
Gabriele und Bernd gründeten einst den BSV Siegen, Tochter Katja ist aktive Spielerin und Enkeltochter Alina Schmidt hat es gar zur Nationalspielerin gebracht.
Dass die heimische Region eine überaus sportliche ist, steht außer Frage – immer wieder machen die lokalen Athleten mit ihren hervorragenden Leistungen durchaus auch überregional und international auf sich aufmerksam. Da ist es wenig verwunderlich, dass es in Sieger-, Sauer- und Wittgensteiner Land sowie im Kreis Altenkirchen etliche Familien gibt,
die sich generationsübergreifend einer bestimmten Sportart oder zumindest dem Sport allgemein verschrieben haben.
Dazu zählt indes auch Familie Bauer aus Burbach, die jedoch ein wenig aus der Reihe zu fallen scheint. Denn die Bauers sind von den Großeltern Gabriele und Bernd bis zur Enkeltochter Alina Schmidt im Bowling-Sport aktiv – also in einer Disziplin, die sich durchaus in die Kategorie „Randsportart“ einordnen lässt und bei einigen nach wie vor als reine „Kneipen-Beschäftigung“ verschrien sein dürfte.
„Wir arbeiten gegen das schlechte Image unseres Sports“, berichtet denn auch Bernd Bauer im Gespräch mit der Siegener Zeitung und stellt sogleich klar: „Bowling hat mit Kegeln überhaupt nichts zu tun! Wir haben strenge Regeln, absolutes Alkohol- und Rauchverbot. Und das übrigens auch schon lange, bevor es der Gesetzgeber überhaupt verlangte.“ Und Bauer muss es schließlich wissen, ist er doch bereits seit Jahrzehnten begeisterter Bowling-Sportler. „Meine Frau Gabriele und ich sind im Jahr 1974 aus Dortmund nach Siegen gekommen, eine Bowling-Bahn gibt es hier ja aber erst seit Ende des Jahres 1981“, erinnert der 69-Jährige an die Anfänge der Bowling-Arena an der Birlenbacher Hütte. Und weil es dann zwar eine Bahn, aber noch keinen Verein gab, hoben die Bauers im Jahr 1982 kurzerhand den Bowling-Sport-Verein (BSV) Siegen aus der Taufe – Bernd übernahm in den ersten vier Jahren den Posten des Geschäftsführers und stand dem Verein von 1986 bis 2012 schließlich als 1. Vorsitzender vor, seitdem leitet Stephan Boch die Geschicke des Vereins. Bauer hat zudem einen weiteren Posten inne – seit dem Jahr 1999 fungiert der Burbacher als Geschäftsführer der Westdeutschen Bowling-Union (WBU). „Damals hatte sich kein anderer für das Amt zur Verfügung gestellt, ich wurde dann aus der Versammlung heraus dafür vorgeschlagen – wie das halt so kommt“, erinnert sich Bauer und meint: „Es ist aber genau richtig so, wie es gekommen ist, denn das Amt macht viel Freude. Anfangs war es viel Arbeit, sich in die Materie einzuarbeiten, vieles wird dann aber zur Routine.“ Im Frühling möchte Bauer ein letztes Mal für den Posten und eine weitere Amtszeit von drei Jahren kandidieren, verrät der Siegerländer. „Dann ist aber Schluss in der WBU!“
Auch Gattin Gabriele Bauer, ihres Zeichens selbst begeisterte Bowling-Spielerin, möchte ihr Amt im Bowling-Sport bald zur Verfügung stellen – Gabriele übernahm im Jahr 1984 den Posten der Jugendwartin im BSV Siegen, die 66-Jährige möchte aber das Amt nicht weiter ausführen. Stattdessen möchte sich Tochter Katja im kommenden Jahr zur Jugendwartin
wählen lassen. Ohnehin ist es den Bauers gelungen, die außergewöhnliche Bowling-Begeisterung an den Nachwuchs weiter zu reichen – zumindest an Tochter Katja. „Ich spiele, seitdem ich elf Jahre alt bin. Also mittlerweile auch schon seit 30 Jahren“, berichtet die 41-Jährige der Siegener Zeitung. „Als unsere Eltern den BSV gründeten, sind wir immer auf die Turniere und Veranstaltungen mitgefahren, haben selbst mitgespielt.
So ist die Begeisterung für den Sport entstanden“, so Kaiser weiter, die sogleich schmunzelnd feststellt: „Offenbar vererbt sich das Bowling-Gen unserer Familie nur auf der weiblichen Linie…“ In der Tat war auch Kaisers ältere Schwester Christine lange Zeit aktive Bowling-Spielerin, trat erst mit der Familiengründung deutlich kürzer. „Bei meinem Bruder ist der Funke dagegen nie übergesprungen“, stellt Kaiser fest. „Bei Falk haben wir es irgendwann aufgegeben“, lacht denn auch Bernd Bauer laut auf. „Aber das ist ja auch vollkommen in Ordnung so.“ Falk hat sich indes den „kleineren Bällen“ verschrieben und ist aktiver Tischtennis-Spieler bei der TG Friesen Klafeld-Geisweid.
Die „weibliche Bowling-Tradition“ der Familie Bauer aus Burbach führt indes Alina Schmidt weiter – und wie! Die erst 17-jährige Tochter von Katja Kaiser gehört dem Nationalkader der Deutschen Bowling Union an und bereitet sich derzeit auf die Teilnahme an der Europameisterschaft im kommenden Jahr in Helsinki vor. Dabei legte die Schülerin des Gymnasiums Neunkirchen bislang eine steile Bowling-Karriere hin. „Meine Oma hat mich früh mit in die Halle genommen und mir einen ganz leichten Bowling-Ball geschenkt – damit habe ich immer im Kinderzimmer geübt“, schmunzelt die junge Frau und berichtet: „Nach einer kurzen Pause bin ich mit zehn Jahren in den Verein gegangen, seitdem bin ich voll dabei.“ Seitdem nahm die 17-Jährige eine Hürde nach der anderen. Standen zunächst noch Turniere in NRW und Spiele in der Jugendliga an, folgte rasch der Aufstieg in die Damen-Klasse, ehe die Einladung zum NRW-Lehrgang erfolgte. Vor fünf Jahren stand bereits der 4. Platz im Einzel bei den Deutschen Meisterschaften in Schmidts Vita. „Dann wird man sozusagen von den Kadertrainern gesichtet und schließlich in den Nationalkader berufen“, erklärt die junge Burbacherin, die seit bereits drei Jahren der nationalen Bowling-Elite angehört. Bereits in diesem Jahr nahm die Siegerländerin als Ersatzspielerin an den European Youth Championships in Island teil, in Finnland möchte die ehrgeizige Sportlerin eine tragende Rolle übernehmen – und arbeitet dafür hart. „Jeden Dienstag und Donnerstag trainiere ich fest, dazu alle zwei Wochen zusätzlich auch mittwochs. Zudem steht einmal im Monat von Freitag bis Sonntag ein Lehrgang auf dem Programm, die momentan meist in Ostdeutschland stattfinden“, berichtet Schmidt von ihrem straffen Trainingsprogramm. Für die Lehrgänge wird die Schülerin vom Gymnasium Neunkirchen sogar für den Freitagsunterricht freigestellt. „Die WBU setzte dafür immer ein Schreiben auf und das Gymnasium zieht hier super mit“, berichtet Mutter Katja Kaiser. „Im kommenden Jahr steht für Alina das Abitur auf dem Programm. Solange die Noten stimmen, ist das alles in Ordnung.“
Nichtsdestotrotz hat das stramme Bowling-Programm durchaus auch Schattenseiten. „Während der Saison von September bis Mai ist es schon auffällig, dass ich weniger mit meinen Freunden unternehmen kann. Neben den Lehrgängen sind auch die Turniere und die NRW-Liga meistens am Wochenende, da muss man den Freundeskreis leider schon ein wenig zurückstellen“, bedauert Alina Schmidt.
Auch finanziell sei das sportliche Programm der Tochter durchaus eine Herausforderung, wie Katja Kaiser unumwunden zugibt. „Die Großeltern unterstützen uns und geben Spritgeld für die weiten Fahrten dazu, zudem konnten wir für Alina ein kleines Sponsoring abschließen. So darf sie die Halle in Siegen kostenfrei nutzen, was schon einmal sehr viel wert ist.“ Auch
der Verschleiß der Bowling-Bälle sei ein nicht zu unterschätzender Faktor. „Zwei bis drei neue Bälle pro Saison gehen im Leistungssport-Bereich schon drauf“, seufzt Kaiser und gibt zu bedenken: „Ein Ball kostet mit der individuellen Bohrung zwischen 200 und 250 Euro.“ Die passende Bohrung erledigt übrigens ein Spezialist in Oberhausen – jeder neue Ball ist eine eigens für die Sportlerin zugeschnittene Maßanfertigung mit ausgefeilter Technik.
Diese Begleiterscheinungen tragen wohl auch dazu bei, dass sich heute kaum noch Jugendliche für den Bowling-Sport begeistern können, wie die Familie im SZ-Gespräch bedauert. „Auch die Ganztagsschulen tragen sicher dazu bei, dass die jungen Leute ausbleiben“, meint Katja Kaiser und wünscht sich, wie ihre Eltern, dass wieder mehr junge Leute den Bowling-Sport für sich entdecken. „Man geht wirklich einem tollen Sport auf einer hochmodernen Anlage nach“, wirbt Kaiser für die Bowling-Arena an der Birlenbacher Hütte. Alle Infos rund um die Anlage findet man übrigens im Internet unter www.bowlingarena-siegen.de.
Gerade wegen der Nachwuchs-Probleme ist der Stolz auf die Erfolge von Alina Schmidt innerhalb der Familie natürlich groß. „Natürlich ist man als Oma und Opa stolz, wenn es die Enkelin zur Nationalspielerin schafft“, meint Bernd Bauer und hofft, dass Alina dem BSV lange erhalten bleibt. Die Chancen dafür stehen gut. Zwar strebt die junge Frau nach dem
Abitur im kommenden Jahr einen einjährigen USA-Aufenthalt an, kehrt danach aber wieder nach Deutschland zurück. Vorhersteht um Ostern die Europameisterschaft in Helsinki an, die die gesamte Familie zu einem gemeinsamen Urlaub nutzt. „Wir fahren alle mit nach Finnland. Natürlich um Alina zu unterstützen, aber wir machen uns zusammen ein paar schöne Tage dort“, blickt Gabriele voraus. Nicht nur hier zeigt sich: Bowling ist eben ein Sport für die ganze Familie.
(Der gesamte Bericht als PDF: [HIER])